Minimalismus:
Schlicht und einfach Leben
2017-12-28
Seit mehreren Jahren habe ich Interesse an einem minimalistischen Lebensstil entwickelt. Dieser Text beschreibt meine persönliche Idee von Minimalismus und ich möchte niemand anderen dazu nötigen ebenso zu leben.
Minimalismus bedeutet für jeden etwas anderes, daher beschreibe ich in diesem Artikel meine Sicht auf den Minimalismus und wie ich diese umsetze. Das häufigste Verständnis von Minimalismus ist zu versuchen möglichst wenig Dinge zu besitzen. Obwohl dieser Aspekt bei mir grundsätzlich auch eine Rolle spielt ist er nicht mein Hauptziel, denn beim Minimalismus geht es um mehr als nur Besitz. Verwende nur, was du wirklich benötigst, und nicht mehr als das. Wir brauchen viel weniger, als wir denken, dass wir brauchen.
Unsere Gesellschaft basiert auf Überfluss und Konsum, bei denen man ohne Grund immer mehr, bessere oder neuere Sachen braucht. Sachen sind billig und leicht zu bekommen, was viele Menschen zum Anhäufen verführt.
Ich möchte mich wieder mehr auf die wesentlichen Werte besinnen und versuchen den Überfluss in meinem Leben zu reduzieren, aber trotzdem noch so viel zu besitzen, um damit einen kompletten Haushalt betreiben zu können. Als Inspiration habe ich die Mennoniten und Amish, von denen ich ein paar Eigenschaften ihrer Lebensweisen, welche die Einstellung hinter dem Minimalismus widerspiegeln, ausgewählt habe und versuche diese in meinem Alltag umzusetzen.
Wesentliche Eigenschaften
Um die wesentlichen Eigenschaften des Minimalismus zu beschreiben gibt es Begriffe, die in der heutigen deutschen Sprache kaum noch Verwendung finden:
- modest
bescheiden, sich in Maßen halten, schlicht, einfach, sittsam
Im Duden wird dieser Begriff passenderweise als veraltet bezeichnet. - frugal
einfach aber gut, genügsam - plain
Im englischen gibt es das Wort plain, welches sich nicht adäquat ins Deutsche übersetzen lässt. Es bedeutet einfach im Sinne von schlicht, spärlich, ohne Extras oder Aufwand.
Diese Werte berühren jeden Aspekt des Lebens und ich versuche sie mit meiner Auslegung des Minimalismus und meiner Mentalität zu vertreten. Im Alltag angewendet bedeutet das möglichst einfache Dinge zu verwenden und Überfluss zu vermeiden.
Grundbedürfnisse
Die Grundbedürfnisse sind notwendig und werden zum Leben gebraucht. Als Mensch hat man, obwohl man es nicht vermuten würde, gar nicht so viele Grundbedürfnisse für ein angenehmes Leben:
- Nahrung
- Obdach
- Kleidung
- Energie (Licht, Heizung, warmes Wasser)
- Wasserversorgung
- Beförderung (lokal)
Alles darüber hinaus ist Luxus - Dessen sollte man sich immer bewusst sein.
Die Schwierigkeit besteht nun darin, diesen Werten und Grundbedürfnissen im Alltag Bedeutung zu verleihen. Abhängig von der persönlichen Situation kann dies stark variieren. Ich habe für mich einige generelle Grundsätze entwickelt, mit denen ich versuche diese Bedeutung im Alltag umzusetzen.
1. Weniger ist mehr
Unser Besitz kann in drei Kategorien unterteilt werden. Die Grundbedürfnisse wurden schon weiter oben beschrieben. Weiterhin gibt es die unwesentlichen Dinge die deinem Leben einen Mehrwert geben, weil du sie benutzt oder sie dir regelmäßig Freude bereiten. Dies können zum Beispiel Möbel sein, Kochutensilien oder ein Hobby das Freude bringt. Sie werden nicht wirklich benötigt, aber sie verbessern das Erlebnis des Lebens. Aber die meisten Gegenstände in einem normalen Haushalt sind nur Gerümpel und sammeln Staub, gut verpackt in einer Kiste und nicht mehr wiederverwendet.
Menschen tendieren dazu Sachen anzuhäufen oder zu konsumieren, die sie eigentlich nicht wirklich benötigen, nur um kurzfristige Befriedigung zu erreichen. Aber schon nach kurzer Zeit ist ihre Zufriedenheit wieder auf dem gleichen Niveau wie zuvor, nur mit mehr Kram und weniger Geld. Dies gilt gleichermaßen für materielle Güter und immateriellen Konsum wie häufiges Reisen, Downloads oder Videostreaming. Ganz gleich wie viel du besitzt, wie viel du kaufst, wie viel du verdienst, die Krankheit von Mehr geht nie weg.
Kram benötigt Platz, Zeit und Geld um gekauft, geordnet, gepflegt und gelagert zu werden. Es spielt auch keine Rolle, ob der Kram gut sortiert oder in die Cloud ausgelagert ist, es ist immer noch Kram. Wenn Sachen die eigene Zufriedenheit nicht langfristig steigern kosten sie einen einfach nur Ressourcen. Setze diese Ressourcen frei und behalte nur Dinge, die du tatsächlich benutzt oder die dir Freude bringen.
Viele Gegenstände behalten wir nur für den Fall der Fälle. Oft ist es schwer sich von Sachen, die wir nicht benutzen zu trennen, weil diese Sachen zu einer Vorstellung von uns selbst, wie wir sein wollen, gehören und nicht wie wir eigentlich sind. In unserer Vorstellung wollen wir uns eventuell kreativ betätigen, modischer kleiden oder mehr Sport treiben. Wir hängen an dieser Vorstellung weil wir glauben, dass diese eines Tages wahr wird, selbst wenn wir wissen, das dieser Tag nie kommen wird. Diese Dinge sind nur da und erinnern uns an unsere fehlenden Bemühungen. Aber an einem Punkt sollten wir diese Hoffnung und die Dinge loslassen.
2. Modeste Kleidung
Durch schnell wechselnde Mode und billige Kleidung hat sich eine Wegwerfgesellschaft etabliert, die darauf basiert andere auszubeuten. Modeste Kleidung ist zurückhaltend, schlicht und einfach, aber dennoch gepflegt und verzichtet auf unnötige modische Elemente und kann dadurch länger getragen werden, da sie keinen modischen Zwängen unterworfen ist. Auch die Menge der Kleidung spielt eine Rolle, denn viele Menschen haben Berge von Kleidung in ihrem Schrank und trotzdem noch Probleme etwas Passendes zum Anziehen zu finden. Anstatt viel Zeit mit dem Kombinieren von Kleidungsstücken zu verbringen sollte man die Zeit sinnvoller nutzen. Nur die notwendige Menge und Art von Kleidung zu besitzen macht es leichter sich anzuziehen, weil es den zeitaufwendigen Vorgang des Kombinierens der Kleidungsstücke abschafft.
Warum ist Kleidung so wichtig? Kleidung verkörpert Werte und zeigt unseren eigenen Geist. Wir sollten überlegen welche Kleidung zu unserer inneren Einstellung passt und welchen Eindruck wir auf andere damit machen (wollen). Die Kleidung einer Person spricht immer schon bevor ihre Worte es jemals könnten. Durch das Tragen bestimmter Kleidungsstücke kommunizieren und geben wir ein Einführung in die Person, die wir sind und zeigen unsere Werte auch denen, die uns nicht kennen und erinnern uns damit gleichzeitig selber daran.
3. Lasse dein Licht leuchten
Bescheidenheit und Modestheit sollten auch unserem Geist innewohnen. Versuche nicht durch deine Kleidung, Taten oder Besitztümer unangemessene Aufmerksamkeit zu erregen. Man sollte hilfsbereit und selbstlos sein anstatt sich nur um seinen eigenen Vorteil zu sorgen. Jeder hat seine persönliche Gabe. Teile deine Gabe, indem du anderen und der Gemeinschaft dienst.
4. Lebe einfach
Viele Menschen versuchen mit ihrem Konsum oder Besitz zu prahlen und andere zu beeindrucken. Es gibt viele Arten dies zu tun, sei es durch Autos, Kleidung, elektronische Geräte, Reisen oder Nahrungsmittel. Durch ein einfaches Leben kommen diese nicht mehr in Frage.
Sei zufrieden mit einfacher Nahrung und Küche. Schlichte und einfache Mahlzeiten sind Hausmannskost mit heimischen Grundnahrungsmitteln wie Möhren und Kartoffeln ohne ausgefallene Zutaten. Lebensmittel sollten möglichst unverarbeitet oder in ihrer Grundform gekauft werden.
Digitale Geräte kontrollieren inzwischen viele Bereiche unseres täglichen Lebens und entscheiden über die Temperatur der Heizung oder mit wem ich befreundet sein soll. Natürlich ist das bequem und nimmt einem Arbeit ab. Wir sind besessen - und umzingelt - von intelligenten Geräten, die still und leise unsere Umgebung und uns kontrollieren. Überall wird uns suggeriert, dass dies die einzige Zukunft ist. Ob das stimmt oder ob es noch einen anderen Weg gibt muss jeder für sich selber herausfinden. Ich habe auch ein Smartphone. Für mich bedeutet ein einfacher Lebensstil meine Umgebung nicht durchzudigitalisieren und zu versuchen mich nur mit wenigen elektronischen Geräten zu umgeben.
5. Lerne Nähen
Mit dieser Fähigkeit kann man fast ein ganzes Grundbedürfnis selber befriedigen. Durch die eigene Betätigung hat man viel mehr Bezug zu seiner Kleidung und weiß diese mehr wertzuschätzen. Weiterhin wird dadurch verhindert, dass man verschwenderisch mit Kleidung umgeht.
6. Beförderung und Reisen
Für viele Menschen hört Zurückhaltung und Umweltschutz bei der eigenen Mobilität und beim Urlaub auf. Autos werden immer größer und Reisen immer weiter. Täglich fahren Millionen Menschen alleine in fünfsitzigen, Gift ausstoßenden, Fahrzeugen herum, die nur eine Stunde des Tages genutzt werden und ansonsten nutzlos herum stehen und öffentlichen Raum verschwenden. Für viele Menschen sind Flugreisen inzwischen fester Bestandteil ihrer Lebensweise. Trotzdem versucht jeder im Alltag, für das gute Gewissen, mühevoll einzelne Gramm CO2 einzusparen, nur um während des nächsten Urlaubs ein Vielfaches davon freizusetzen. Etwas zu wissen und danach zu handeln sind nicht dasselbe.
Wandel des Lebens
Das Phänomen des Überflusses existiert erst kurze Zeit und auch nur in den erste Welt Ländern. Fast alle besitzen deutlich mehr, als sie zum Leben brauchen. Es kann aber nicht jeder immer alles haben ohne auf Kosten anderer zu leben. Wenn wir uns für ein einfaches Leben entscheiden verbrauchen wir weniger von unserer Umwelt und haben mehr Ressourcen, die mit Bedürftigen geteilt werden können. Noch vor wenigen Jahrzehnten kam man auch hier mit weniger aus und es lebte sich trotzdem angenehm. Die Frage ist, warum die Menschen heute mehr zum Leben brauchen als früher. Auch wenn ich es nicht immer schaffe versuche das Meiste in meinem Leben möglichst schlicht und einfach zu halten. Dies führt zu einem bewussteren, sinnvolleren, freieren und umweltfreundlicheren Lebensstil. Sei dankbar für das, was du hast.